Ein Handschuh - da liegt ein Handschuh
mitten auf der Straße.
Schwarz glänzend, nass. Klar, es ist
Herbst, die Nächte kalt, die Tage mild und sonnig. Das in Verbindung
mit den vielen Seen hier ergibt Nebel. Also ist es klar, dass er nass
ist. Ich sehe ihn, als ich am Weg zum Bahnhof die Straße entlang
gehe, schon von weitem. Er liegt auf Höhe eines Hauses, von dem ich
weiß, wer in ihm wohnt. Gehört er S.? Soll ich ihn aufheben, ihn an
die Haustüre legen? Über den Zaun hängen? Ich bin mir nicht
sicher. Beim näherkommen ändert sich mein Blickwinkel. Plötzlich
sehe ich - das ist kein Handschuh, sondern ein toter, schon sehr
zerfledderter Vogel, der da liegt. Das arme Tier!
Was ist passiert? Er muss gegen ein
fahrendes Auto gestoßen sein, Schädelhirntrauma - tot. Den kann ich
unmöglich mitten auf der Straße liegen lassen. Zu dumm, dass ich
trotz der kühlen Temperaturen keine Handschuhe angezogen habe. Womit
kann ich ihn aufheben? Ich bräuchte eine Schaufel, einen Karton oder
etwas in der Art, um ihn von der Straße zu kratzen und ihn dann, ein
paar Meter weiter, in die Büsche zu legen. Damit er nicht so
ausgestellt hier liegen muss.
Doch schon zwei Schritte weiter, aus
wieder neuer Perspektive - jetzt schon ganz nah - erkenne ich, es ist
ein kleiner Ast mit fächerförmigen Blättern, der da liegt und kann
beruhigt, meinen Weg zum Bahnhof fortsetzen.
Schon faszinierend, was im Gehirn
innerhalb von ein paar Augenblicken alles abläuft.
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