Mit einem unguten Gefühl im Bauch geht sie in die Küche. Auch hier kein Anzeichen, wohin R. gegangen sein könnte.
Was hatte sie erwartet? Eine aufgeschlagene Landkarte mit einem roten X? Die Kopie einer Hotelbuchung? Flugtickets?
Mach dich nicht lächerlich.
Trotz ihrer steigenden Ungeduld und des aufkeimendes Frustes ist sie nicht bereit die Wohnung wieder zu verlassen. Sie stützt sich auf die Fensterbank und will gerade ihre Stirn an die kühle Scheibe legen, als sie die Frau auf der Straße entdeckt. Aufmerksam scheint sie die Hausfassade zu beobachten. Wer ist sie? Kennt sie R.? Will sie ihn besuchen oder kontrolliert sie seine Wohnung, während er verreist ist?
Reflexartig zieht sie sich ins Halbdunkel der Küche zurück und hält den Atem an. Hier kann sie nicht gesehen werden. Glaubt sie. Hofft sie.
Sie wird doch nicht läuten? Oder noch schlimmer - mit einem Zweitschlüssel in die Wohnung kommen?
Wo könnte sie sich verstecken? Oder wäre es einfacher, die Türe zu öffnen und sich als R.s Freundin auszugeben? Vielleicht weiß die da draußen ja gar nichts von ihrem Krach, ihrer Trennung, der einstweiligen Verfügung?
Ein weiterer Kontrollblick beruhigt sie. Die Frau ist weg. Zumindest kann sie sie von ihrer Position aus nicht mehr sehen.
Leise geht sie zurück in den Gang und lässt ihre Blicke über die vollgeräumte Kommode schweifen. Zieht langsam und vorsichtig eine Schublade nach der anderen auf, stöbert darin herum, schließt sie wieder. Dann gleiten ihre Hände in die Taschen seiner Jacken. Alle leer. Von draußen dringen laute Stimmen herein, das müssen die Nachbarn sein. Sie hat sie weggehen sehen, als sie draußen auf der Straße auf ihrem Beobachtungsposten stand. Wie lange ist sie schon hier? Sie kann fast nichts mehr erkennen. Draußen ist es schon dunkel. Kann sie es wagen das Licht einzuschalten? Lieber nicht.
Noch einmal kurz ins Schlafzimmer. Sie legt sich aufs Bett und vergräbt ihr Gesicht in seinem Kopfpolster. Atmet seinen Duft ein, will ihn in sich speichern. Ihr Kopf sagt, sie muss jetzt raus, ihr Herz drückt sie in die Matratze.
Es klopft.
Wie von der Tarantel gestochen fährt sie auf. Ihr Herz rast, sie ist wieder hellwach. War sie eingeschlafen? Wie spät ist es?
Wieder hört sie Geräusche von der Eingangstür.
Hat sie es doch gewusst. Dieses Mistvieh von Kontrolleurin da draußen hat die Polizei angerufen. Was passiert jetzt?
Nichts, solange sie dich nicht erwischen.
Fieberhaft sucht ihr Gehirn nach einer Lösung.
Hinten raus, über den Zaun und dann...
Ja was dann? Dann steht sie im Nachbargrundstück. Das allerdings von einem sehr großen, sehr humorlos wirkendem Hund bewohnt ist.
Sie könnte sich unters Bett verkriechen oder in den Kasten.
Na klar, weil niemand auf die Idee käme, dort nachzusehen...
Abgelenkt durch ihre Angst hat sie ihre Aufmerksamkeit von den Türgeräuschen abgezogen.
So ein Mist.
Was aber schmerzhaft ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist ihre Verdauung, der der Schreck überhaupt nicht gut getan hat.
Doppelter Mist.
Eine Hand auf den Bauch gepresst, die andere an der Wand steht sie gekrümmt und heftig atmend da. Sie kann doch nicht hier aufs Klo gehen, wenn gleich die Polizei die Wohnung stürmt und sie mitnimmt. Dann wird sie sich der Alternative bewusst und huscht ins Badezimmer. Das Gästeklo wäre näher, aber dessen Fenster geht ebenfalls auf die Eingangsseite. Sie dreht den Schlüssel herum und lässt sich mit einem erleichterten Seufzen auf die kalte Schüssel sinken.
Dunkel und ruhig.
Erleichtert steht sie auf, spült, ertastet den Weg zum Waschbecken und wäscht sich sorgfältig die Hände. Das Handtuch, mit dem sie sich abtrocknet, wirft sie über ihre Schulter. Das kommt mit.
Inzwischen ist sie überzeugt davon, das Klopfen geträumt zu haben.
Wenn jemand vor der Tür gestanden hätte, wäre der- oder diejenige schon lange in der Wohnung oder eben wieder weg.
Im Gang greift sie nach ihrem Rucksack, legt das Handtuch hinein, geht zurück zum Badezimmer. Sie will noch etwas von ihm mitnehmen. Etwas, was er in den Händen hielt, etwas, was ihr die Verbindung zu ihm ermöglicht. Es ist zu finster, um Einzelheiten zu erkennen. Sie lässt ihre Finger über die Oberflächen der Dinge streifen, die auf der Ablage stehen. Ein Seifenstück wandert zum Handtuch, ein alter Rasierpinsel. Den verwendet er ja doch nicht mehr.
Ein letzter Blick ins Dunkel, sie widersteht dem Drang ins Schlafzimmer zurück zu gehen und die Bettdecke glatt zu streifen. Soll er doch merken, dass sie hier war.
Was hatte sie erwartet? Eine aufgeschlagene Landkarte mit einem roten X? Die Kopie einer Hotelbuchung? Flugtickets?
Mach dich nicht lächerlich.
Trotz ihrer steigenden Ungeduld und des aufkeimendes Frustes ist sie nicht bereit die Wohnung wieder zu verlassen. Sie stützt sich auf die Fensterbank und will gerade ihre Stirn an die kühle Scheibe legen, als sie die Frau auf der Straße entdeckt. Aufmerksam scheint sie die Hausfassade zu beobachten. Wer ist sie? Kennt sie R.? Will sie ihn besuchen oder kontrolliert sie seine Wohnung, während er verreist ist?
Reflexartig zieht sie sich ins Halbdunkel der Küche zurück und hält den Atem an. Hier kann sie nicht gesehen werden. Glaubt sie. Hofft sie.
Sie wird doch nicht läuten? Oder noch schlimmer - mit einem Zweitschlüssel in die Wohnung kommen?
Wo könnte sie sich verstecken? Oder wäre es einfacher, die Türe zu öffnen und sich als R.s Freundin auszugeben? Vielleicht weiß die da draußen ja gar nichts von ihrem Krach, ihrer Trennung, der einstweiligen Verfügung?
Ein weiterer Kontrollblick beruhigt sie. Die Frau ist weg. Zumindest kann sie sie von ihrer Position aus nicht mehr sehen.
Leise geht sie zurück in den Gang und lässt ihre Blicke über die vollgeräumte Kommode schweifen. Zieht langsam und vorsichtig eine Schublade nach der anderen auf, stöbert darin herum, schließt sie wieder. Dann gleiten ihre Hände in die Taschen seiner Jacken. Alle leer. Von draußen dringen laute Stimmen herein, das müssen die Nachbarn sein. Sie hat sie weggehen sehen, als sie draußen auf der Straße auf ihrem Beobachtungsposten stand. Wie lange ist sie schon hier? Sie kann fast nichts mehr erkennen. Draußen ist es schon dunkel. Kann sie es wagen das Licht einzuschalten? Lieber nicht.
Noch einmal kurz ins Schlafzimmer. Sie legt sich aufs Bett und vergräbt ihr Gesicht in seinem Kopfpolster. Atmet seinen Duft ein, will ihn in sich speichern. Ihr Kopf sagt, sie muss jetzt raus, ihr Herz drückt sie in die Matratze.
Es klopft.
Wie von der Tarantel gestochen fährt sie auf. Ihr Herz rast, sie ist wieder hellwach. War sie eingeschlafen? Wie spät ist es?
Wieder hört sie Geräusche von der Eingangstür.
Hat sie es doch gewusst. Dieses Mistvieh von Kontrolleurin da draußen hat die Polizei angerufen. Was passiert jetzt?
Nichts, solange sie dich nicht erwischen.
Fieberhaft sucht ihr Gehirn nach einer Lösung.
Hinten raus, über den Zaun und dann...
Ja was dann? Dann steht sie im Nachbargrundstück. Das allerdings von einem sehr großen, sehr humorlos wirkendem Hund bewohnt ist.
Sie könnte sich unters Bett verkriechen oder in den Kasten.
Na klar, weil niemand auf die Idee käme, dort nachzusehen...
Abgelenkt durch ihre Angst hat sie ihre Aufmerksamkeit von den Türgeräuschen abgezogen.
So ein Mist.
Was aber schmerzhaft ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist ihre Verdauung, der der Schreck überhaupt nicht gut getan hat.
Doppelter Mist.
Eine Hand auf den Bauch gepresst, die andere an der Wand steht sie gekrümmt und heftig atmend da. Sie kann doch nicht hier aufs Klo gehen, wenn gleich die Polizei die Wohnung stürmt und sie mitnimmt. Dann wird sie sich der Alternative bewusst und huscht ins Badezimmer. Das Gästeklo wäre näher, aber dessen Fenster geht ebenfalls auf die Eingangsseite. Sie dreht den Schlüssel herum und lässt sich mit einem erleichterten Seufzen auf die kalte Schüssel sinken.
Dunkel und ruhig.
Erleichtert steht sie auf, spült, ertastet den Weg zum Waschbecken und wäscht sich sorgfältig die Hände. Das Handtuch, mit dem sie sich abtrocknet, wirft sie über ihre Schulter. Das kommt mit.
Inzwischen ist sie überzeugt davon, das Klopfen geträumt zu haben.
Wenn jemand vor der Tür gestanden hätte, wäre der- oder diejenige schon lange in der Wohnung oder eben wieder weg.
Im Gang greift sie nach ihrem Rucksack, legt das Handtuch hinein, geht zurück zum Badezimmer. Sie will noch etwas von ihm mitnehmen. Etwas, was er in den Händen hielt, etwas, was ihr die Verbindung zu ihm ermöglicht. Es ist zu finster, um Einzelheiten zu erkennen. Sie lässt ihre Finger über die Oberflächen der Dinge streifen, die auf der Ablage stehen. Ein Seifenstück wandert zum Handtuch, ein alter Rasierpinsel. Den verwendet er ja doch nicht mehr.
Ein letzter Blick ins Dunkel, sie widersteht dem Drang ins Schlafzimmer zurück zu gehen und die Bettdecke glatt zu streifen. Soll er doch merken, dass sie hier war.
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